Montag, 11. Mai 2015
Streit um Evolutionstheorie
Der Streit um die Evolutionstheorie wird oft mit unerbittlicher Härte und ideologischer Verbohrtheit geführt. Umso erfreulicher ist es, dass Thomas Nagel mit "Geist und Kosmos" ein völlig unideologisches Buch geschrieben hat, in dem er nüchtern die Problematik analysiert und gänzlich auf Polemik verzichtet. Es wäre ein großer Fortschritt in dieser Diskussion, wenn alle Beteiligten, gerade auch die Vertreter der Naturwissenschaften, sich an seinem Stil orientierten.

Schon vor beinahe vierzig Jahren äußerte sich der amerikanische Philosoph mit seinem Aufsatz "What is it like to be a bat?" ("Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?") nachdrücklich zur Philosophie des Geistes und zum Problem des Bewusstseins. Bereits damals zeigte er, dass es zwecklos ist, "eine Verteidigung des Materialismus auf irgendeine Analyse mentaler Phänomene zu gründen, die es versäumt, sich explizit mit ihrem subjektiven Charakter zu beschäftigen."

Genau dort knüpft Nagel nun erneut an. Auf zirka 180 Seiten legt er dar, dass der evolutionäre Materialismus unfähig ist, Bewusstsein, Vernunft und Wertvorstellungen auf physikalische oder chemische Prozesse zu reduzieren. Deshalb, so Nagel, scheitert der evolutionäre Materialismus daran, den Geist in all seinen Ausdrucksformen in die neodarwinistische Naturkonzeption einzubinden. Er schreibt: "[Wenn] keine plausible Reduktion verfügbar ist und wenn es weiterhin nicht akzeptabel ist, dem Geistigen die Realität abzusprechen, legt das nahe, dass die ursprüngliche Prämisse, der materialistische Naturalismus, falsch ist, und das nicht nur an ihren Rändern."

(Quelle: Spektrum/Auszüge aus der Rezension von Eckart Löhr über das Buch: Geist und Kosmos von Thomas Nagel)