Mittwoch, 27. Juli 2016
Sokrates zu Glaukon
Sokrates zu seinem Gesprächspartner Glaukon im Politeiatext: "Weißt du denn nicht, fragte ich weiter, dass unsere Seele unsterblich ist und niemals vergeht?"

Nun, möglicherweise gibt es in dieser Frage des Sokrates an Glaukon einen Übersetzungsfehler. Dafür kann es zwei Gründe geben. Erstens, der Übersetzer Wilhelm Wiegand hat ein Mißverständnis gehabt. Er hat nicht verstanden was die Seele ist, was aber in anderen Platontexten (Alkibiades) genau definiert wurde oder zweitens, wenn er die exakte Definition gekannt hat, hat er versucht diese durch seine Übersetzungsversion zu verschleiern, weil er als Christ kein Interesse daran hatte, dass Platonleser ein richtiges und gutes Verstehen dessen erreichen können, wie die Sache mit der Seele sich verhält.

Aber, ganz egal, der wirklich aufmerksame Leser wird die gute und richtige Definition für das Wort Seele im Text natürlich nicht leichthin überlesen und sie auch keinesfalls vergessen, so dass die verschleiernde Satzformulierung kein Mißverständnis bei ihm hervorrufen wird.

Anders verhält es sich bei Lesern die nicht oder noch nicht die korrekte Definition wissen. Diese stellen sich unweigerlich Fragen, da sie durch die unglückliche Übersetzungsformulierung keine klare Vorstellung gewinnen können oder nehmen die Formulierung einfach so hin.

Nun, eine Übersetzung muss auf jeden Fall immer den ganzen Sinn einer Äußerung präsentieren. Tut sie dies nicht, muss sie als unzureichend klassifiziert werden, weil sie kein hinreichendes Verständnis des ursprünglichen Textes ermöglicht.

Es geht um den Unterschied zwischen sein und haben. Etwas sein ist ganz etwas anderes als wenn man etwas hat. Haben bedeutet: besitzen, sein eigen nennen. Sein aber, hat zu tun mit der Rolle die man im Leben angenommen hat. Etwas besitzen oder etwas sein ist also schon ein erheblicher Unterschied.

Die Formulierung: ... 'u n s e r e Seele' ist also sehr, sehr unglücklich, da sie durch das Wort unsere ins Haben verschoben wird. Man kann nicht etwas im Besitz haben was man selber ist!

Richtig und zwar ganz korrekt hätte es heißen müssen: "Weißt du denn nicht, fragte ich weiter, dass wir unsterbliche Seelen s i n d, die niemals vergehen?" Nun, dies wäre die sinngemäß vollkommen richtige Formulierung, die ein Verstehen wie es sich tatsächlich verhält ermöglicht.

Nun, da mir das Altgriechisch fremd ist, kann es natürlich sein, dass die Übersetzung von Wiegand durchaus, trotz meiner Kritik, richtig ist. Aber dann ist sie lediglich aus populistischen Gründen von Platon so hingestellt worden. Jedoch verwässert sie in erheblichem Maße das Verständnis dessen worum es Platon gegangen ist.

Ich weiß auch, dass sich im Sprachgebrauch die Formulierung: Meine Seele, eingeschliffen hat. Auch in anderen Formulierungen wird immer mit haben und hat gearbeitet. Nicht wahr, so: Angenommen der Mensch HAT eine Seele.

Richtig ist: Die Seele ist man selbst.